Carro Navalis und ihre Männer
Der Reichskanzler[Bearbeiten]
Ein stetiges klicken durchdringt das Zimmer. Ansonsten nichts außer das Rauschen der Wellen. Das Geklickse durchtränkt die heilig herrschende Stille. Andere würden Musik hören, oder wenigstens Radio, aber nicht der Reichskanzler. Musik, auch im Radio, insbesondere im Radio, lenkt nur vom wesentlichen ab. Sie versucht bunt und ergreifend zu sein, schön und vielfältig, und mischt sich dadurch in ein hässliches, immer gleich klingendes Grau. Der Reichskanzler verabscheut sowas in der Gesamtheit seiner tiefen Gründe, seiner beinahe russisch anmutenden (wenn er nicht Arier wäre) Seele. Das bunt vermischte und letztendlich das graue. Diese gekünstelte, fröhlich, pervers-bunte Hülle, deren Kern trieft von Leere und Tod. Versteht jemand sowas noch?
Eigentlich könnte er ja auf einem Rechner tippen, die Klicklaute wären kaum mehr zu hören, nichts mehr würde die heilige, ernste Stille durchschneiden. Aber Rechner? Computer! Thor und Donnerwetter! Das hasst der Reichskanzler noch mehr: der kranke Fortschrittsfetischismus, der keinen anderen Zweck hat als den Komfort. Ein Komfort, der Träge macht, seelenlos, dem Leben die Tiefe nimmt, dem Leben das Göttliche nimmt.. Technologie sollten in den Staatshänden sein, der Pöbel kann damit nichts anfangen, er würde es nur verschwenden. Welcher Adeliger würde schon seinen Bauern eine Bücherei stiften? Es lenkt nur vom wesentlichen ab: den Fortbestand des Reiches sichern, das Feld bestellen, dass es fruchtbar ist und man die zahlreichen Früchte ernten kann. Nein, sowas versteht niemand mehr, ist zu alt gedacht, gerade zu mittelalterlich.
Der moderne Mensch ist eben zu verseucht mit dem geschmackslosen, allen Zutaten beinhaltenden Einheitsbrei und der Geilheit nach der neuesten Technick. Er ist unfähig es zu verstehen, er kann die Größe in der Einfachheit nicht mehr sehen. Der Reichskanzler verabscheut das am meisten. Die Moderne.
Das klicken läuft weiter durch den Raum. Was schreibt der Reichskanzler? Niemand weiß es, seine tiefe Seele kann wohl kaum jemand durchdringen. Das Klicken läuft, die Maschinerie läuft, so wahr und lang Gott es wolle. Klicken. So sicher wie das Amen. Es muss einfach weiter fließen.
Das Meer leuchtet kurz auf, aber für den Reichskanzler ist es fast nebensächlich. Sein Raum wird kurz in bunteste Lichter verhüllt, es stört den heiligen Ernst nicht. Konzentriert ist der Kanzler bei der Sache, bleibt bei der Sache. Das bunte Schaffen der Außenwelt ist er gewöhnt, kann es sogar ausblenden, obwohl es doch so unübersehbar ist in dieser braunen Kabine, überzogen mit Bärenfellen und Holzplanken, mit der blau-weiß-roten Standarde als einziges farbiges Element. Nicht die Flagge Frankreichs, oder gar der Vereinigten Staaten. Widerlich, Arschkriecher des Kaiser Johanns und nichts weiter, allesamt. Die Flagge Chiles, der Vereinigten Provinzen, zu deren Souverän sich der Reichskanzler alsbald krönen wird. Er wurde von Gott auserwählt, um zu regieren. Um wenigstens diesen einen Winkel der Erde zu bewahren, vor allem, was er hasst. Seine heilige Herrschaft.
Aufeinmal ein Klopfen. Das wird nicht ignoriert, wo kämen wir da hin? Man muss Rede und Antwort stehen können, zu jeder Zeit, wenn man selbst dies von anderen fordern will. "Herein" ruft der Kanzler, "soll der Herr kommen, herein". Spanisch spricht er, die Sprache Chiles, die Sprache des Südens, die Sprache der nährenden Mutter Amerika.
Der Matrose hebt den rechten Arm zum Gruß, der Kanzler entgegnet. Schon erwähnt der Matrose auch das Feuerwerk, an welches sich nun auch der Kanzler entsinnt. Sein Gesicht verformt sich zu einem großen :o, wie konnte er es nur übersehen? War er etwa doch nicht bei der Sache? Der Matrose bittet um Befehle, wie man verfahren soll. Da geht ein Licht auf. Zur Hilfe eilen, unsere Pflicht gegen Gott. Ein zweites Feuerwerk, ein Zeichen an den Matrosen, der Kanzler marschiert los.
Die Worte hallen über Deck, durchbrochen vom Rauschen des Meeres. Der Reichskanzler stürmt das Steuerbord, unter Besatzung des Kapitäns. Eine grässliche Telenovella. Das rauschen des Wassers. Großtantes Worte tränken und kränken. Dafür ist keine Zeit.
Schnell wird das Bord von der Besatzung befreit, man muss es immer selber machen, ein drittes Feuerwerk, der Kanzler kommandiert umzukehren. Das Schiffshorn soll man blähen, das Trompetendonnern der Apokalypse, hauptsache Faust ist gerettet. Ein viertes Feuerwerk, zustimmend, freudig funkend, der rettende Engel ist nahe.
Der Kanzler nimmt das Fernrohr in die Hand, ein Blick durchs Ende, kennt er die nicht? Das kann doch nicht sein. Schnell zum Rettungsboot.
Der Kaiser[Bearbeiten]
Pfauenhaus stößt einen Freudenschrei aus, seine Gebete wurden erhört! Gerbil, nach Bier stinkend, kann nur noch benommen da liegen, Ralf wimmert, der Kaiser schaut kaiserlich zu den Frachtern, die sich zur Rettung nähern. Der Graf von Klappolen ist da. Der Reichskanzler auf vorderstem Kahn steht über allen vieren, 'tschuldige, fünfen.
"Wen haben wir denn da", noch offensichtlichere Worte hätte der Kanzler sich also nicht einfallen lassen können, "so sieht man sich wieder", anscheinend doch. Der Kaiser wechselt nicht groß Worte, er kommandiert Ralf und Pfauenhaus das wenig Ladung, und insbesondere Gerbil, zu löschen.
An Bord bedankt Kaiser Johann sich, Kanzler Darex entgegnet eine Verneigung. Noch immer werden der Worte nicht viele gewechselt, Kaiser Johann möchte schlafen. So sei es dann, der Kanzler lässt für seine Majestät zwei Bedienstete bereit stellen die ein wenig Britisch beherrschen, der Rest bekommt auch ihre Kajüten zugewiesen. Johann, der Herr, zug sofort in sein Zimmer, Pfauenhaus und Ralf trugen den benommenen Gerbil in seines, worauf Pfauenhaus sich empfahl, er bräuche noch einen Nachtkrug.